Abschluss eines arbeitsgerichtlichen Aufhebungsvertrages 

Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu der Geschäftsleitung gerufen werden mit der Aufforderung, einen arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Hier wird oft Druck auf den Arbeitnehmer ausgeübt. Dem Arbeitnehmer wird dann ein vorbereiteter Aufhebungsvertrag vorgelegt. Dieser soll der Arbeitnehmer dann nach Besprechung mit der Geschäftsleitung unterschreiben. Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, erhält der Arbeitnehmer die Gelegenheit, sich mit dem Betriebsrat zu besprechen. Der Arbeitnehmer kann i.d.R. dem Druck nicht standhalten und unterschreibt den Aufhebungsvertrag. Es gibt auch Fälle, wonach ein Mitarbeiter des Arbeitgebers den Arbeitnehmer während einer Arbeitsunfähigkeit in dessen Wohnung ohne Vorankündigung aufsucht und einen Aufhebungsvertrag vorlegt, den der Arbeitnehmer unterschreibt. So in diesem Fall. Nunmehr hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 07.02.2019 entschieden, dass ein Anfechtungsgrund (§§ 119 ff. BGB) nicht gegeben ist. Auch hat der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht die Möglichkeit, die Unterschrift nach den §§ 312 ff. BGB zu widerrufen.

Ausnahmsweise kann jedoch eine Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages daraus folgen, dass das Gebot des fairen Verhandelns bei Abschluss nicht berücksichtigt wurde. Eine Verletzung des Gebots liegt vor, wenn eine Überrumpelung des Arbeitnehmers durch eine psychische Drucksituation geschaffen wird und dadurch seine freie Entscheidungsfindung erheblich erschwert wird. Bei einer Missachtung dieses Gebots liegt ein Verstoß gegen die Aufklärungs- und Rücksichtnahmepflichten (§ 241 II BGB) des Arbeitgebers vor mit der Rechtsfolge, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht. In dem vorliegenden Fall hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ausnahmsweise das Arbeitsverhältnis fortbesteht.

BAG, Urteil vom 07.02.2019-6 AZR 75/18, NRW Spezial S. 371/2019

Fristlose Kündigung nach angedrohter Erkrankung

Nach der geltenden Rechtsprechung gilt die „angedrohte“ Erkrankung nach Urlaubsverweigerung als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung, selbst dann, wenn der Arbeitnehmer später wirklich erkrankt, denn er darf seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht nicht missbrauchen. Dieses gilt aber dann uneingeschränkt nicht, wenn der die Erkrankung androhende Arbeitnehmer bereits zuvor tatsächlich erkrankt ist.

BAG, Urteil vom 12.03.2009 – 2 AZR 251/07 (NJW-Spezial, S. 579)

Kürzere Sperrfrist bei eigener Kündigung wegen Mobbing
 
Wer sich als Arbeitnehmer gemobbt fühlt und kündigt, hat zwar nicht unbedingt einen wichtigen Kündigungsgrund, kann aber auf eine kürzere Sperrfrist beim Arbeitslosengeld hoffen.

In einem solchen Fall könne der Entschluss des Mitarbeiters, das Arbeitsverhältnis von sich aus zu kündigen, "verständlich und entschuldbar" sein. Das Gericht verkürzte mit seinem Spruch die vom Arbeitsamt verhängte Sperrzeit für die Auszahlung von Arbeitslosengeld von zwölf auf sechs Wochen.
 
Der Arbeitnehmer hatte argumentiert, sein Vorgesetzter habe ihn regelmäßig besonders intensiv kontrolliert. Dabei seien bei ihm angebliche Fehler beanstandet worden, die bei seinen Kollegen toleriert worden seien. Deshalb habe er sich zur Kündigung entschlossen.
 
LSG Rheinland-Pfalz, L 1 AL 57/01
 

 
Gerichtlicher Vergleich - Auslegung bei Freistellung des Arbeitnehmers


Vereinbaren die Parteien im Vergleichswege eine unwiderrufliche Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung, so wird damit regelmäßig kein eigener Rechtsgrund für Zahlungen im Krankheitsfall geschaffen.
 
Die Parteien streiten über die Auslegung eines gerichtlichen Vergleichs, der den Ablauf des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2002 vorsieht. In dem Vergleich wird vereinbart, dass die Arbeitnehmerin unter Anrechnung etwaiger Mehrarbeit Urlaubsansprüche bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Arbeitsleistung bei Fortzahlung der Vergütung freigestellt wird. Während der Freistellungszeit befindet sich die Arbeitnehmer in einer stationär durchgeführten Entziehungskur zur Behandlung ihrer Alkoholsucht. Sie erhält in dieser Zeit Übergangsgeld vom Rentenversicherungsträger. In der Vergangenheit befand sich die Arbeitnehmerin bereits mehrfach wegen dieser Krankheit in Behandlung. Auf Grund der Vorerkrankung verweigerte der Arbeitgeber die Entgeltzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz während der Entziehungskur. Die Arbeitnehmerin verlangt dagegen Zahlung ihres Gehalts unter Berufung auf den geschlossenen Vergleichs. Das BAG hält den Zahlungsanspruch für unbegründet. Der geschlossene Vergleich kommt als eigenständige Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Aus der gewählten Formulierung, dass eine unwiderrufliche Freistellung bei Fortzahlung der Vergütung erfolgt ergibt sich nicht, dass sich der Arbeitgeber unabhängig von der Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmerin zur Zahlung des Arbeitsgeldes verpflichten wollte.

BAG, Urteil vom 29.09.2004 - 5 A ZR 99/04 in NZA 2005, S. 104



2-Wochen-Frist bei außerordentlicher Kündigung


Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB (bzw. 54 II BAT) beginnt erst, wenn der Arbeitgeber zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen hat. Bei sogenannten Verdachtskündigungen ist es daher zulässig, den Ausgang eines Strafverfahrens abzuwarten.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und des Verstoßes gegen die Abgabenordnung zunächst gegen einen anderen Mitarbeiter des Arbeitgebers. Im Zuge des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens fällt der Verdacht auch auf den Arbeitnehmer. Dies ist dem Arbeitgeber bekannt. Erst nach Ablauf der 2-Wochen-Frist kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, nachdem zuvor die Staatsanwaltschaft den Arbeitgeber gebeten hatte, von arbeitsrechtlichen Schritten vorläufig abzusehen. Der Arbeitnehmer ist wegen Vorteilsannahme verurteilt. Der Arbeitnehmer erhebt zwischenzeitlich Kündigungsschutzklage u.a. mit der Begründung, dass der Arbeitgeber die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt habe.
 

Das BAG hält die 2-Wochen-Ausschlussfrist für gewahrt. Innerer Grund des Kündigungsausschlusses ist danach, dass der Vertragspartner durch sein Zuwarten regelmäßig den Eindruck erweckt, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen (Vertrauenstatbestand). Die Ausschlussfrist beginnt in dem Moment, in dem der Arbeitgeber zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen hat. Nur so kann er entscheiden, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für ihn zumutbar ist oder nicht. Zu diesen Tatsachen gehören auch die für den Arbeitnehmer und somit gegen die Kündigung sprechende Umstände. Das Gericht betont, dass es hierbei häufig weitere Ermittlungen durch den Arbeitgeber bedarf. Jedenfalls muss der Kündigungssachverhalt regelmäßig auch durch eine vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ermittelt werden. Während dieser Ermittlungsphase läuft die Ausschlussfrist nicht an. Dies nicht zuletzt deshalb, da die Frist des § 626 Abs. 2 BGB / § 54 Abs. 2 BAT den Arbeitgeber nicht zu hektischer Eile oder zu einer vorzeitigen Kündigung veranlassen soll. Erst wenn der Sachverhalt hinreichend geklärt ist, beginnt die Frist.
 
BAG, Urteil vom 17.03.2005 - 2 AZR 254/04 = NZA 2006, 101